Herr Kohn und Herr Öztürk

Herr Kohn, 1938 aus Wien geflohen, kommt auf Besuch in die alte Heimatstadt. Im Flugzeug sitzt er neben Herrn Öztürk, der seine Tochter in New York besucht hat. Herr Öztürk beklagt sich über die Fremdenfeindlichkeit der Österreicher. „Sehen Sie, vor drei, vier, fünf Jahrzehnten sind wir als arme Gastarbeiter nach Österreich gekommen. Aber wir haben hart gearbeitet, Geschäfte und Unternehmen aufgebaut, unsere Kinder aufs Gymnasium und auf die Universität geschickt. Heute gibt es in Österreich türkische Ärzte, türkische Rechtsanwälte, sogar türkische Politiker und Politikerinnen. Und so werden wir uns mit der Zeit und Schritt für Schritt die Achtung der Österreicher erwerben und gleichberechtigte Mitglieder dieser Gesellschaft werden.“
„Ja,“ sagt Herr Kohn, „das haben wir auch geglaubt.“

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Eierspeise

Warum heißt nur die Eierspeise Eierspeise? Ist ein russisches Ei keine Eierspeise? Und ein Omelett? Und ein weiches Ei? Oder ein hartes? Oder zwei Eier im Glas, ist das keine Eierspeise? Oder Ham and Eggs? Oder Eiernockerl mit Salat? Warum heißt nur eine Eierspeise Eierspeise? Wer hat das bestimmt, dass von allen Eierspeisen diese eine Eierspeise Eierspeise heißen soll? Wer hat hier die Deutungshoheit?

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Ein Sünder

Ein reicher Mann (vielleicht ein Manager von Monsanto oder Nestlé) ist gestorben und muss im Jenseits vor seinen Richter treten.
Schreiend wirft er sich auf die Knie: „Herr, vergib mir, ich war im Leben ein großer Sünder!“
„Beruhige dich!“, sagt der Herr, „Sünder gibt es schon längst nicht mehr. Wir sprechen hier nur von moralisch anders Begabten.“
„Danke, o Herr, Du nimmst mir eine große Last von der Seele. Dann komme ich also nicht in die Hölle?“
„Aber woher, die Hölle ist längst abgeschafft. Wir haben hier ein modernes, humanes Zentrum für Seelen mit origineller Tugendauffassung.“
„Dank sei Dir, o Herr! Und wie ist da die Behandlung?“
„Tja, Eintauchen in siedendes Pech, Zwicken mit glühenden Zangen, Stechen mit eisernen Gabeln …“
„Herr, ich flehe Dich an, was soll daran modern und human sein?“
„Nun, die Gabeln sind desinfiziert!“

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Allgegenwart

Der liebe Gott ist wieder einmal zu Besuch auf der Erde. Da läutet beim Petrus das Handy. Gott ist dran: “Hör einmal Petrus, ich hab mich verlaufen. Kannst du ein paar Engerln ausschicken, dass sie schauen, wo ich bin und mich heimlotsen?”
“Aber Herrgott, das gibts doch nicht! Du bist doch allmächtig, allwissend und so weiter, du musst doch wissen, wo du bist!”
“Natürlich weiß ich, wo ich bin! Ich weiß ganz genau, wo ich bin: Ich bin ÜBERALL! Und genau das nützt mir im Moment überhaupt nichts!”

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